Sprache auswählen

Fälschungsverdacht in Bioäquivalenzstudien

EU-Kommission ordnet das Ruhen von Zulassungen an

Im Mai 2014 hatte die französische Arzneimittelbehörde ANSM bei einer Inspektion der Firma GVK Bioscience in Indien kritische GCP-Mängel bei der Durchführung klinischer Prüfungen festgestellt. GVK Bioscience ist eines der größten CROs in Asien mit Sitz in Hyderabad. Gegenstand der Inspektion waren zulassungsrelevante Bioäquivalenzstudien mit diversen Generika.

Nach Ansicht der Inspektoren waren EKGs gefälscht worden. Offenbar waren EKG-Befunde nicht immer individuell erhoben, sondern für eine Mehrzahl von Patienten kopiert worden. Da diese Fälschungen alle inspizierten Studien aus einem mehrere Jahre umfassenden Zeitraum betrafen und mehrere Personen involviert waren, ging die ANSM von kritischen Mängeln im Qualitätssystem von GVK Bioscience aus. Vor diesem Hintergrund wurde die Studiendurchführung als nicht GCP-konform bewertet.

Da die Daten aus nicht GCP-konform durchgeführten Studien nicht als geeignet akzeptiert werden können, eine Bioäquivalenz der betroffenen Produkte zu belegen, schaltete die Europäische Kommission die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) ein.

Der Versuch von GVK Bioscience, die Vorwürfe mithilfe von Gutachten externer Kardiologen zu widerlegen, überzeugte die EMA offenbar nicht, denn nach eingehender Untersuchung empfahl der EMA-Ausschuss für Arzneimittel (CHMP) das Ruhen der Zulassungen mehrerer hundert Medikamente. Die Europäische Kommission hat nun entschieden, zum 21.8.2015 das Ruhen der betroffenen Zulassungen anzuordnen.

Für Deutschland hatte das auch in die Untersuchungen der EMA eingebundene Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bereits im Dezember 2014 das Ruhen der Zulassung von ca. 80 Generika angeordnet. Das BfArM hatte insgesamt 176 Zulassungen von 28 pharmazeutischen Unternehmen geprüft. Für 17 der suspendierten Generika war die Zulassung bereits zuvor erloschen. Somit mussten 11 pharmazeutische Unternehmen den Verkauf von 63 Generika vorerst stoppen.

Eine Liste der von der Anordnung der Europäischen Kommissionin in Deutschland betroffenen Medikamente ist auf der Homepage des BfArM abrufbar.

Von Gesundheitsgefahren für Patienten gehen die Behörden weiterhin nicht aus, weshalb auch auf einen Rückruf der betroffenen Arzneimittel auf Patientenebene verzichtet wurde.  Für die meisten der betroffenen Präparate gilt, dass gleichwertige Präparate in ausreichender Menge verfügbar sind, sodass das Ruhen der Zulassungen durchgesetzt werden kann, ohne dass Versorgungsengpässe zu befürchten sind.

(Stand: 21.08.2015)

Inzwischen gibt es einen zweiten, ähnlich gelagerten Fall:

Inspektionen der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA und der Weltgesundheitsorganisation WHO bei der indischen Firma Semler Research Private Limited in Bangalore im Jahr 2015 ergaben schwerwiegende Qualitätsmängel bei der Durchführung von Bioäquivalenzstudien für Generika.

Die EMA empfiehlt nun das Ruhen der Zulassung der betroffenen Arzneimittel und das BfArM hat dies für Deutschland mit Bescheid vom 08.08.2016 vorläufig umgesetzt.
Die Liste der betroffenen Generika ist auf der Homepage des BfArM abrufbar.

(Stand: 16.08.2016)

Ein dritter Fall von Unregelmäßigkeiten bei Bioäquivalenzstudien in Indien:

Inspektionen der österreichischen und niederländischen Arzneimittelbehörden bei der indischen Firma Micro Therapeutic Research Labs im Februar 2016 ergaben schwerwiegende Qualitätsmängel bei der Durchführung von Bioäquivalenzstudien für Generika.

In Einklang mit einer Empfehlung der EMA hat das BfArM das Ruhen der Zulassung der betroffenen Generika angeordnet. Die Liste der betroffenen Produkte ist auf der Homepage des BfArM abrufbar.

(Stand: 25.09.2017)